Bearbeiten von «Gähler Hermann - Gemeindepolizist und Landweibel»
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===Der letzte | ===Der letzte Dorfpolizist Speichers=== | ||
[[Datei:Dorfpolizist.jpg |300px|thumb|rigth| Hermann Gähler, unser letzter | [[Datei:Dorfpolizist.jpg |300px|thumb|rigth| Hermann Gähler, unser letzter Dorfpolizist]] | ||
Der letzte | Der letzte Dorfpolizist Speichers, Hermann Gähler, mag sich noch gut an seinen ersten Arbeitstag an Neujahr 1966 erinnern, als die Maul und Klauenseuche ausbrach und ihm viel Arbeit bescherte.<br> | ||
Der 26-jährige hatte im Gegensatz zu den meisten seiner nebenamtlichen Kollegen in kleineren Dörfern, die etwa als Bauern, Seidenweber oder Schlosser tätig waren, die Polizeischule in St.Gallen absolviert. Er war zuvor schon als Gemeindepolizist in St. Moritz tätig gewesen.<br> | Der 26-jährige hatte im Gegensatz zu den meisten seiner nebenamtlichen Kollegen in kleineren Dörfern, die etwa als Bauern, Seidenweber oder Schlosser tätig waren, die Polizeischule in St.Gallen absolviert. Er war zuvor schon als Gemeindepolizist in St. Moritz tätig gewesen.<br> | ||
Einen | Einen Teil seines Lohns übernahm der Kanton, der ja selber noch keine Polizei beschäftigte, aber wo doch gewisse Aufgaben anfielen, die er an den Gemeindepolizisten delegierte.<br> | ||
Für seinen Dienst musste Hermann Gähler sein ohne Beschriftung und Blaulicht ausgerüstetes Privatauto benutzen, gegen eine kleine Entschädigung.<br> | Für seinen Dienst musste Hermann Gähler sein ohne Beschriftung und Blaulicht ausgerüstetes Privatauto benutzen, gegen eine kleine Entschädigung.<br> | ||
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===Einfache Verhältnisse=== | ===Einfache Verhältnisse=== | ||
Interne Polizeimeldungen wurden in St. Gallen gelesen und | Interne Polizeimeldungen wurden in St. Gallen gelesen und um 11.00h per separaten Radiokanal an die Polizeiposten gesendet.<br> | ||
In Speicher gab es im Spritzenhaus, gegenüber der Gemeindekanzlei 2 Arrestzellen. Ganz einfach aus Holz gebaut mit einer Pritsche und einem Kübel für die Notdurft. War übers Wochenende ein Zellengast eingesperrt, musste er vom Polizisten verpflegt werden, bevor er dann am Montag nach Trogen abgegeben werden konnte.<br> | In Speicher gab es im Spritzenhaus, gegenüber der Gemeindekanzlei 2 Arrestzellen. Ganz einfach aus Holz gebaut mit einer Pritsche und einem Kübel für die Notdurft. War übers Wochenende ein Zellengast eingesperrt, musste er vom Polizisten verpflegt werden, bevor er dann am Montag nach Trogen oder Teufen abgegeben werden konnte.<br> | ||
Zum Dienst gehörte auch das wöchentliche Runden in Wirtschaften, um gegen die Polizeistundenübertretungen vorzugehen. Dass man die Zeitansage des Landessenders Beromünster als Grundlage für die Verzeigungen heranzog, zeigt, dass dieses Problem von Amtes wegen sehr ernst genommen wurde.<br> | Zum Dienst gehörte auch das wöchentliche Runden in Wirtschaften, um gegen die Polizeistundenübertretungen vorzugehen. Dass man die Zeitansage des Landessenders Beromünster als Grundlage für die Verzeigungen heranzog, zeigt, dass dieses Problem von Amtes wegen sehr ernst genommen wurde.<br> | ||
===Simple Botengänge=== | ===Simple Botengänge=== | ||
Die geltende Dienstordnung stammte aus dem Jahre 1879 und war seither nur geringfügig angepasst worden. Hermann Gähler hatte sich wie seine Vorgänger täglich am Morgen auf der Kanzlei zu melden und die Aufträge entgegenzunehmen, die oft den Charakter von simplen Botengängen hatten.<br> | Die geltende Dienstordnung stammte aus dem Jahre 1879 und war seither nur geringfügig angepasst worden. Hermann Gähler hatte sich wie seine Vorgänger täglich am Morgen auf der Kanzlei zu melden und die Aufträge entgegenzunehmen, die oft den Charakter von simplen Botengängen hatten.<br> | ||
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In anderen Dörfern ähnlicher Grösse waren meist mehrere Polizisten im Einsatz, in Speicher aber blieb der Gemeindepolizist bis zur Integration in die Kantonspolizei im Jahre 1972 ein Einzelgänger. In der Kantonsstatistik der Delikte rangierte Speicher stets auf den letzten Rängen, was ja nicht verwunderlich war. Der Dorfpolizist konnte nicht überall sein.<br> | In anderen Dörfern ähnlicher Grösse waren meist mehrere Polizisten im Einsatz, in Speicher aber blieb der Gemeindepolizist bis zur Integration in die Kantonspolizei im Jahre 1972 ein Einzelgänger. In der Kantonsstatistik der Delikte rangierte Speicher stets auf den letzten Rängen, was ja nicht verwunderlich war. Der Dorfpolizist konnte nicht überall sein.<br> | ||
Schwierig war etwa der Verkehrsdienst beim Skilift | Schwierig war etwa der Verkehrsdienst beim Skilift Almenweg zu bewerkstelligen. Die lange Kolonne der am Strassenrand nach Teufen parkierten Autos verunmöglichte oftmals das Kreuzen von Fahrzeugen. Ohne Verkehrsregelung war fast kein Durchkommen möglich. Hermann Gähler waren aber die Hände gebunden, denn alleine konnte er keine Wirkung entfalten. Dem Unmut der Autofahrer auszuweichen war die einzige Lösung, also hielt er sich dort lieber fern.<br> | ||
Stundenweise war | Stundenweise war auch Wegmacher Rotach im Dienst, der mit seiner Feuerwehruniform stolz durch das Dorf Speicher patrouillierte. Dieser eher einfach gestrickte Kerl liebte es, alle 2-3 Tage die neu in Mode gekommenen „Töffli“ zu kontrollieren.<br> | ||
Im Jahre 1971, knapp vor der Integration in die Kantonspolizei, bekam Hermann Gähler endlich eine Stellvertretung aus Trogen, später aus Teufen.<br> | |||
===Schreckliche Ereignisse und lustige Gegebenheiten=== | ===Schreckliche Ereignisse und lustige Gegebenheiten=== | ||
Schreckliche Ereignisse, aber auch lustige Gegebenheiten haben Hermann Gähler während seiner gut | Schreckliche Ereignisse, aber auch lustige Gegebenheiten haben Hermann Gähler während seiner gut 6-jährigen Dienstzeit als Dorfpolizist begleitet. Hier eine lustige Geschichte, welche zeigt, mit wie viel sozialer Kompetenz unser letzter Dorfpolizist zu Werke ging.<br> | ||
Oral History „Entlaufene Jugendliche“. | |||
===Aufhebung der Gemeindepolizei=== | ===Aufhebung der Gemeindepolizei=== | ||
In Fachkreisen war man sich längst über die Notwendigkeit einig, dass Ausserrhoden als inzwischen letzter Kanton eine Kantonspolizei benötigte. Endlich, nach mehreren vergeblichen Anläufen wurde 1972 die KAPO eingeführt. Gemäss Hermann Gähler waren für diesen späten Zeitpunkt die Gemeinden verantwortlich, die ihre ausgeprägte Autonomie auch in dem Bereich hochhielten und ihre '''Handlanger''' nicht verlieren wollten.<br> | In Fachkreisen war man sich längst über die Notwendigkeit einig, dass Ausserrhoden als inzwischen letzter Kanton eine Kantonspolizei benötigte. Endlich, nach mehreren vergeblichen Anläufen wurde 1972 die KAPO eingeführt. Gemäss Hermann Gähler waren für diesen späten Zeitpunkt die Gemeinden verantwortlich, die ihre ausgeprägte Autonomie auch in dem Bereich hochhielten und ihre '''Handlanger''' nicht verlieren wollten.<br> | ||
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===Demission nach 8 Jahren=== | ===Demission nach 8 Jahren=== | ||
[[Datei:Gähler Hermann 03.jpg |400px|thumb|rigth| Letzte Kutschenfahrt als Landweibel]] | [[Datei:Gähler Hermann 03.jpg |400px|thumb|rigth| Letzte Kutschenfahrt als Landweibel]] | ||
Hermann Gähler will die Gründe nicht verschweigen, welche ihn bewegten, seine Demission zu beantragen. | Hermann Gähler will die Gründe nicht verschweigen, welche ihn bewegten, seine Demission zu beantragen. Er war über Jahre als Polizeibeamter beim Ausserrhoder Polizeikorps angestellt, dann aber in ein St.Galler Ingenieurbüro gewechselt, wo ihm Aufgaben wie Verkehrszählungen und Vermessungen zugeteilt wurden. Der Abschied aus dem Staatsdienst sei ihm relativ leicht gefallen, nachdem er im Zuge von Beförderungen mehrmals übergangen worden war und er sich daher ungerecht behandelt fühlte. Die Führungsprobleme in der Justiz- und Polizeidirektion hätten damals ihre Auswirkungen gezeigt.<br> | ||
Er war über | |||
Misstöne also zum Schluss seiner Landweibel-Amtsperiode? '''Für ihn bleiben indessen die guten Erinnerungen an die Landsgemeinde erhalten, deren Ritual er nach wie vor für das feierlichste hält. | Misstöne also zum Schluss seiner Landweibel-Amtsperiode? '''Für ihn bleiben indessen die guten Erinnerungen an die Landsgemeinde erhalten, deren Ritual er nach wie vor für das feierlichste hält. | ||
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<small>Photos: Hermann Gähler</small><br> | <small>Photos: Hermann Gähler</small><br> | ||
<small>Text | <small>Text: Paul Hollenstein 2018</small> | ||